Den nachhaltigen Gedanken, eine Ladesäule rundum zu erneuern anstatt zu entsorgen, setzt die Firma Ladefix um und schenkt in die Jahre gekommenen Ladestationen ein zweites Leben. Wie funktioniert das und welche Herausforderungen bestehen hierbei? Das verrät Firmengründer Wolfram Cüppers.
Ladestationen im Wandel: In welchen Parametern unterscheiden sich frühere Generationen von Ladegeräten von den heutigen – außer der schnelleren Ladeleistung?
Der Unterschied zwischen den älteren und neueren Ladesäulen besteht darin, dass frühere Generationen noch aus vielen Einzelteilen aufgebaut worden sind. Die Leistungselektronik und die Steuerelektronik sind auf einzelnen Platinen, die im Bedarfsfall ausgetauscht werden können. Die heutigen Schnellladesäulen hingegen besitzen integrierte Steuergeräte. Wenn an diesem Gerät etwas kaputt geht muss eine komplett neue Platine gekauft werden, die schnell mal 6000 Euro kostet.
Der Tausch einer einzelnen defekten Platine ist natürlich von Vorteil, wenn es darum geht Ladesäulen zu überholen. Es gibt sicherlich auch technische Unterschiede die es nötig machen, alte Geräte zu verbessern?
Die deutschen Behörden verlangen in Zukunft das Eichrecht. Hier wird der Strom besonders genau gemessen und der Stromverbrauch über geeichte Zähler angezeigt. Das macht die Säulen teurer aber auch ein bisschen genauer und für den Kunden transparenter. Jetzt werden Schritt für
Schritt alle Ladesäulen auf Eichrecht umgebaut und neu installierte Ladepunkte müssen von Anfang an Eichrecht haben.
Gibt es noch weitere Neuerungen?
Inzwischen kann man an Ladesäulen auch mit EC-oder Kreditkarte bezahlen. Eine Ladekarte von den üblichen Providern ist nicht mehr zwingend erforderlich und es kann spontan und unkompliziert geladen werden.
Alte Schnellladestationen verfügen aber nicht über diese Bezahlfunktion und sind auch nicht eichrechtskonform. Greift hier auch das Prinzip des Second Life, das wir ja schon von Batterien und Elektronik kennen?
Bisher sind wir vermutlich die Ersten in Deutschland, die sich dieses Themas annehmen. Seit ungefähr einem Jahr beziehen wir gebrauchte 50 kW DC-Schnellladesäulen von großen Betreibern, die diese deinstallieren. Das sind Ladestationen, die an Schnellstraßen und Autobahnen montiert waren, wo jedoch eher 150 oder 300 kW Säulen gebraucht werden um eine möglichst kurze Ladedauer zu ermöglichen. Das bedeutet natürlich nicht, dass sie defekt sind, sondern nur, dass der Standort nicht ideal ist. Wir kaufen diese in großen Mengen auf, überprüfen und reparieren sie gegebenenfalls. Nach dieser Generalüberholung sind sie wieder neuwertig.
Sind die Ladesäulen nach der Überarbeitung mit einer höheren Ladeleistung von 150 oder 300 kW ausgestattet oder werden sie weiterhin als 50 kW-Lader eingesetzt?
Die Leistung bleibt bei 50 kW, aber der Einsatzort wird geändert. Sie stehen dann beispielsweise auf Parkplätzen von Supermärkten anstatt an Schnellstraßen. Eine ideale Möglichkeit um während des Einkaufs das Auto zu laden.
Ist es dann auch nötig, dass bei dem neuen Einsatz der Ladestationen Funktionen wie Abrechnungssystem oder Eichrecht ergänzt werden?
Ja. Dadurch, dass der Gesetzgeber das in Zukunft verlangen wird, arbeiten wir an dieser Umrüstung. Im Moment kann die Ladesäule noch ohne Eichrecht eingesetzt werden, aber das wird sich Schritt für Schritt ändern. Letztendlich hat der Kunde etwas davon, wenn durch die Rundumerneuerung von Ladesäulen der Ausbau der Ladeinfrastruktur vorangetrieben und zusätzlich noch Elektronikschrott vermieden wird. Und Supermärkte sind ja nur eine von mehreren Möglichkeiten, die gebrauchten Ladesäulen wiedereinzusetzen. Wanderparkplätze oder Parkplätze an Skistationen eignen sich ebenfalls hervorragend dafür.
Viele Fuhrparkbetreiber und Speditionen stellen auf elektrische Transporter um. Auch hier eignet sich ein 50 kW-Gerät, um die Fahrzeuge über Nacht wieder voll zu laden. Ebenso interessieren sich Anbieter des Nahverkehrs dafür, die zunehmend auf Elektrobusse umstellen. Die Akkugröße eines Busses liegt zwischen 300 und 400 kW und kann problemlos während der Standzeit nachts mit einer 50 kW-Säule vollgeladen werden.
Wie hoch ist das durchschnittliche Alter der Ladesäulen, wenn sie generalüberholt werden?
In der Regel fünf bis sieben Jahre, danach haben sie nochmal eine Lebenserwartung von ungefähr sieben bis zehn Jahren. In der Regel geht daran nichts kaputt, lediglich Verschleißteile wie Kondensatoren oder Computerlüfter müssen getauscht werden.
Könnte man auch Wallboxen modernisieren und wieder in den Umlauf bringen?
Theoretisch würde das gehen, allerdings sind Wallboxen mittlerweile für unter 500 Euro zu haben, so dass sich eine Generalüberholung nicht mehr lohnt. Eine Schnellladesäule mit 50 kW Ladeleistung kostet neu ungefähr 30.000 Euro. Diese nach ein paar Jahren komplett zu überholen ist wirtschaftlich.
Was kostet eine generalüberholte Schnellladestation?
Bei uns deutlich unter 10.000 Euro.
Neben diesem attraktiven Preis ist auch der nachhaltige Gedanke ein weiteres Motiv. Kann der Vorteil der Runderneuerung von Ladesäulen für die Umwelt auch in Zahlen ausgedrückt werden?
Das wurde noch nicht ausgerechnet. Es ist auf jeden Fall nachhaltig, eine Ladesäule die fünf Jahre in Betrieb war nicht zu verschrotten, sondern zu warten und wieder zu aktivieren.
Gibt es für die vielen ausgemusterten Ladesäulen genügend Verwendungsmöglichkeiten an anderer Stelle um die Ladeinfrastruktur weiter auszubauen?
Beispielsweise ist es für kleinere und mittlere Betriebe, die auf Elektromobilität umsteigen wollen, interessant. Zusätzlich zu den Anschaffungskosten für die Fahrzeuge kommt noch einiges an Kosten für Ladesäulen hinzu. Um einen Fuhrpark über Nacht zu laden, sind diese erneuerten, wesentlich erschwinglicheren Ladestationen ideal. Und auf diese Weise beschleunigen wir den Ausbau der Ladeinfrastruktur und erhöhen die Akzeptanz der Elektromobilität an sich.
Wird sich die Ladeleistung weiter erhöhen oder ist der Punkt des Möglichen schon erreicht?
Die Ladeleistung wird nicht mehr so stark steigen. Die Spannung in den Betriebssystemen der Autos wird sich beispielsweise auf 800 Volt erhöhen um die massive Ladeleistung aus den Schnellladesäulen schneller absorbieren und dadurch schneller laden zu können. Einen großen Entwicklungsschritt wird es bei Nutzfahrzeugen und LkWs geben. Hier sind wir im Bereich des Megawatt-Ladens. Das ist notwendig, damit die Fahrer während der ihnen vorgeschriebenen Ruhezeit ihre großen Akkus mit so viel Energie betanken können, um die nächste Etappe ohne Zwischenladen zu fahren.